Freiwillige Jahresabschlussprüfung

Freiwillige Jahresabschlussprüfung: Warum sie für Start-ups, Scale-ups und Investoren ein echter Mehrwert ist
In Deutschland ist eine Jahresabschlussprüfung gesetzlich erst ab einer bestimmten Unternehmensgröße verpflichtend – konkret, wenn zwei der drei Größenmerkmale des § 267 HGB überschritten werden: Bilanzsumme > 6 Mio. €, Umsatzerlöse > 12 Mio. € oder mehr als 50 Mitarbeiter. Für kleinere Unternehmen, insbesondere Start-ups und wachstumsorientierte Scale-ups, besteht also in vielen Fällen keine Pflicht zur Jahresabschlussprüfung. Dennoch entscheiden sich immer mehr Gründer und Investor:innen freiwillig für eine Prüfung durch einen Wirtschaftsprüfer – und das aus gutem Grund. In diesem Beitrag beleuchten wir, warum eine freiwillige Jahresabschlussprüfung besonders für Start-ups und Scale-ups sowie deren Venture-Capital-Geber (VCs) zahlreiche Vorteile mit sich bringt – von Vertrauen und Transparenz bis hin zu strategischen Wachstumschancen.
1. Vertrauen durch geprüfte Zahlen
Gerade in der frühen Phase eines Unternehmens ist Vertrauen die wichtigste Währung – gegenüber Investoren, Banken, Kooperationspartnern und nicht zuletzt dem eigenen Team. Eine freiwillige Jahresabschlussprüfung schafft objektive und verlässliche Zahlen, die durch einen unabhängigen Dritten bestätigt wurden. Für Investoren – insbesondere Venture-Capital-Fonds – ist das von unschätzbarem Wert. Geprüfte Abschlüsse ermöglichen es ihnen, die wirtschaftliche Lage des Unternehmens verlässlich zu bewerten und die Einhaltung der finanziellen Governance sicherzustellen.
Fazit: Eine freiwillige Prüfung ist ein starkes Signal an Stakeholder: Wir nehmen Transparenz ernst.
2. Professionalisierung und internes Kontrollsystem
Eine Jahresabschlussprüfung ist weit mehr als ein formaler Akt. Unternehmen, die sich freiwillig prüfen lassen, profitieren häufig von einem Nebeneffekt: Sie professionalisieren ihre internen Prozesse. Wirtschaftsprüfer analysieren nicht nur Zahlen, sondern auch Abläufe, Kontrollmechanismen und IT-Systeme. Start-ups und Scale-ups, die häufig mit starkem Wachstum und komplexer werdenden Strukturen konfrontiert sind, können durch die Rückmeldungen der Prüfer frühzeitig Schwachstellen erkennen und beheben. Das fördert nicht nur die Effizienz, sondern reduziert auch Risiken im operativen Geschäft.
3. Due Diligence Light: Vorbereitung auf Finanzierungsrunden oder Exits
In jeder größeren Finanzierungsrunde oder bei einem möglichen Exit führt kaum ein Weg an einer Due-Diligence-Prüfung vorbei. Wer bereits zuvor freiwillig geprüfte Abschlüsse vorweisen kann, ist deutlich besser vorbereitet.
Das bedeutet konkret:
• Weniger Rückfragen in der Due Diligence
• Schnellerer Ablauf von Investmentprozessen
• Höhere Glaubwürdigkeit gegenüber potenziellen Käufern oder Investoren
Für VCs ist das ein klarer Vorteil: Sie können sich auf die Zahlen verlassen und reduzieren ihr Risiko.
4. Vorteile bei Bankfinanzierungen oder Fördermittelanträgen
Auch wenn Start-ups anfangs vor allem durch Eigenkapital und VC finanziert sind, kommt oft früher
oder später der Wunsch nach Fremdfinanzierung, z. B. durch:
• Bankkredite (z. B. zur Vorfinanzierung von Lager oder Produktion)
• Förderprogramme (wie z. B. Invest-Zuschüsse oder Innovationskredite)
Viele Banken oder Förderinstitute verlangen bei Anträgen geprüfte Abschlüsse – oder werten sie zumindest stark positiv bei der Risikobewertung. Eine freiwillige Prüfung kann also Türöffner für zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten sein.
5. Signalwirkung an Mitarbeiter und Bewerber
In einem wettbewerbsintensiven Arbeitsmarkt zählt nicht nur das Produkt oder das Gehalt – sondern auch Transparenz, Struktur und Verlässlichkeit. Eine geprüfte Rechnungslegung vermittelt potenziellen Mitarbeiter:innen den Eindruck, dass das Unternehmen „die Zahlen im Griff hat“ – ein nicht zu unterschätzender Faktor, gerade bei der Rekrutierung von Führungskräften oder Finanzpersonal.
6. Flexibilität: Umfang und Zeitrahmen selbst bestimmen
Ein großer Vorteil bei der freiwilligen Prüfung: Unternehmen können den Umfang und das Timing in gewissem Rahmen selbst mit dem Prüfer abstimmen. Das ermöglicht es, die Prüfung so zu gestalten, dass sie möglichst wenig operative Ressourcen bindet – zum Beispiel durch vorbereitende Prüfungen („Early Audit“) oder gezielte Fokusbereiche.
7. VC-Fonds fordern zunehmend freiwillige Prüfungen
Immer mehr Venture-Capital-Fonds schreiben freiwillige Jahresabschlussprüfungen vertraglich vor –
insbesondere ab der Series A oder bei Entry-Tickets ab 1–2 Millionen Euro. Das hat zwei Gründe:
• Risikomanagement: Geprüfte Zahlen geben Sicherheit über die Mittelverwendung.
• Berichtspflichten: Viele Fonds müssen gegenüber ihren Limited Partners regelmäßig
• Rechenschaft ablegen – geprüfte Abschlüsse vereinfachen diese Pflicht erheblich.
Fazit: Ein Investment in Vertrauen und Zukunftsfähigkeit
Eine freiwillige Jahresabschlussprüfung ist kein Selbstzweck – sondern ein strategisches Instrument, das Vertrauen schafft, Prozesse stärkt und Unternehmen auf Wachstumskurs vorbereitet. Für Start-ups und Scale-ups ist sie ein Signal an den Markt: Wir sind professionell, transparent und bereit für den nächsten Schritt.
Gerade in einem zunehmend wettbewerbsintensiven und regulierten Umfeld wird die freiwillige Prüfung vom „Nice-to-have“ zum echten Wettbewerbsfaktor – für Gründer:innen wie auch für Investor:innen.
Tipp zum Schluss: Wer sich für eine freiwillige Prüfung entscheidet, sollte frühzeitig Kontakt mit einem erfahrenen Wirtschaftsprüfer aufnehmen – idealerweise einem, der Erfahrung im Start-up- oder VC-Umfeld hat. So lässt sich der Prüfprozess effizient und praxisnah gestalten.